Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) erlebt zum 75. Geburtstag die schwerste Finanzkrise seiner Geschichte. Große Geberländer wie die USA, Deutschland und Großbritannien haben ihre Budgets drastisch gekürzt - während sich die Zahl der Vertriebenen weltweit auf 122 Millionen praktisch verdoppelt hat. Die Folge: Millionen Menschen verlieren ihre Hilfe, das Hilfswerk hat bereits ein Viertel seiner Mitarbeiter entlassen.
Die Zahlen sind dramatisch. Das UNHCR rechnet für dieses Jahr mit Einnahmen von 3,9 Milliarden Dollar (fast 3,4 Milliarden Euro) - ein Viertel weniger als 2024. Dies deckt weniger als die Hälfte des berechneten Bedarfs. Ein Drittel der zuvor rund 36 Millionen unterstützten Menschen kann nicht mehr geholfen werden. Die USA, die früher rund 40 Prozent des Budgets stellten, zahlen nun gut 40 Prozent von dem, was sie 2024 zahlten.
Grandi warnt vor sinkendem Zusammenhalt
Der scheidende UNHCR-Chef Filippo Grandi äußert sich alarmiert. «Ich bin sehr besorgt über den Rückgang der Solidarität, vor allem auch in Deutschland, das bislang einen Ruf als großen Partner ärmerer Länder hatte», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Deutschland hatte sich 2015 als besonders aufnahmebereit gezeigt - heute dominieren Abwehr und Grenzschließungen.
Grandi warnt eindringlich vor einer Reform der Genfer Flüchtlingskonvention, die die USA im September bei der UN-Generalversammlung in New York gefordert hatten. «Fasst die Prinzipien nicht an, denn wir würden sie nie wieder zurückbekommen», so Grandi. Die Konvention enthalte europäische Grundwerte, die bis heute gültig seien.
Befürchtung: Mehr Migration nach Europa
Der UNHCR-Chef befürchtet direkte Auswirkungen auf Europa. «Wenn humanitäre Hilfe zurückgeht, werden wieder Menschen Richtung Europa drängen», sagte Grandi der Deutschen Presse-Agentur. Er verweist auf 2015: Damals führten Mittelkürzungen für syrische Flüchtlinge im Nahen Osten zu verstärkter Migration Richtung Europa. 71 Prozent der weltweiten Vertriebenen leben in Niedrig- und Mitteleinkommensländern nahe ihrer Heimat.
Thorsten Klose-Zuber, Generalsekretär der Hilfsorganisation Help – Hilfe zur Selbsthilfe, widerspricht der Annahme, weniger Hilfe bedeute weniger Flüchtlinge. «Es ist ein Trugschluss zu denken, wenn weniger Hilfe geboten wird, kommen auch weniger Flüchtlinge - genau das Gegenteil dürfte der Fall sein», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Niemand verlässt seine Heimat gern und geht in ein Flüchtlingslager des UNHCR, weil er dort paradiesische Zustände erwartet - das ist auch völlig realitätsfremd. Flucht ist immer das allerletzte Mittel.»
Konsequenzen für Hilfsprojekte
Die Kürzungen treffen konkrete Programme. Die Organisation Help musste bereits die Hilfe für unterernährte Kinder im Südsudan einstellen, weil ein Teil ihrer Finanzierung vom UNHCR stammt. Für 2026 rechnet die Organisation mit einem deutlich niedrigeren Budget.
Über das UN-System hinweg wird nach Effizienzverbesserungen und Doppelarbeit gesucht. Doch Klose-Zuber stellt klar: «Aber den finanziellen Einbruch kann man auch durch noch so viele Effizienzsteigerungen nicht wettmachen.»
Historischer Kontext
Das UNHCR wurde am 14. Dezember 1950 nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um Vertriebenen - vor allem in Europa - bei der Rückkehr zu helfen. Es sollte nur drei Jahre existieren. Zahlreiche Flüchtlingskrisen - Vietnam, Afghanistan, Afrika, Balkankriege, Syrien, Ukraine - machten das Hilfswerk dauerhaft nötig.
«Die Genfer Flüchtlingskonvention und das UNHCR entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Erkenntnis heraus, dass, wenn Solidarität verschwindet, Brutalität, Gewalt und Egoismus an ihre Stelle treten», sagte Grandi der Deutschen Presse-Agentur. Klose-Zuber warnt: «Damals gab es einen Konsens, dass wir ein System aufbauen mit Flüchtlingskonvention und UNHCR, damit wir die Schrecken der Weltkriege für immer hinter uns lassen. Wenn wir das abschaffen, und wieder jeder nur auf sich schaut, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir wieder in eine Katastrophe rutschen.»
Hinweis: Dieser Artikel wurde mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt.










